Gästegalerie Stefan Motz

Stuttgart Hbf im Jahre 1975

Nachdem ich 1973 angefangen hatte, Loknummern zu notieren, fand ich im Spätsommer 1974 eine alte Kamera im Fundus meiner Eltern: Ein Vorkriegsmodell für 6×9 cm(!)-Rollfilme. Die ersten Foto-Versuche mit diesem Gerät verliefen aus meiner damaligen Sicht so erfolgreich, daß ich sie ständig bei mir trug, wenn ich in die Nähe von Eisenbahnen kam. Allerdings hatte die Kamera auch Nachteile: Die größte Blendenöffnung war nur f = 1:6,3, die kürzeste Belichtungszeit 1/125 s, und selbst diese war wegen des lichtschwachen Objektivs kaum anwendbar. Folglich ließen sich am besten stehende oder langsam rollende Lokomotiven fotografieren. Von meinem damaligen Wohnort Korntal aus bot sich daher Stuttgart Hbf geradezu an. Dort gab es eine Fahrzeugvielfalt von ganz alt (BR 117) bis funkelnagelneu (BR 111). Gelegentlich bestückte ich zudem auch den Fotoapparat meiner Eltern (eine Revueflex, made in UdSSR) mit einem Diafilm.

Oft trabte ich also nach Schule und Mittagessen zum Korntaler Bahnhof, kaufte mir am Schalter eine Rückfahrkarte nach Suttgart für DM 1,80 (mit 50% Fahrpreisermäßigung für kinderreiche Familien – ich habe zwei Geschwister) und verbrachte den Nachmittag auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Gelegentlich, wenn schulfrei war, fuhr ich auch mal an einem Samstagvormittag nach Stuttgart.

Der Nahverkehr wurde zu einem großen Teil von in den 1960er Jahren modernisierten Vorkriegstriebwagen bestritten:

455 402-8 am 8.3.1975 in Stuttgart Hbf

Die Würzburger 118 kamen bis Mai 1975 nur über den Umweg Donauwörth- Aalen nach Stuttgart:

118 017-3 am 11.3.1975

Auch 1975 wurde in Stuttgart schon eifrig gebuddelt. Damals wurde der Tunnel für die S-Bahn gebaut (eröffnet am 1.10.1978). Sehenswert ist auch die hölzerne Feuerleiter neben dem Triebwagen:

425 424-9 ausfahrend am 11.3.1975

Die Augsburger 117 gehörten noch zum alltäglichen Bild:

117 013-3 am 11.3.1975

Im grün/blau/roten Alltag waren die Dortmunder 112 gern gesehene Farbtupfer:

112 503-8 am 22.3.1975 mit einem DSG-Schlafwagen

Noch gab es keinen IC-Stundentakt, sodaß sich 103er nicht ganz so häufig in Stuttgart blicken ließen:

103 213-5 am 29.3.1975

Bis Mai 75 bestritten Villinger 220 den Verkehr in die Schweiz. Eine Stuttgarter Spezialität war, daß die Zuglok in Stuttgart endender Züge die Wagengarnitur ins Bww schob:

Mit 220 038-4 erwischte ich am 29.3.1975 die ehemalige Versuchslok für die Mittelpufferkupplung

Die erste und damals einzige 111 brachte oft den Mostar-Express nach Stuttgart:

111 001-4 am 29.3.1975 (heute sieht sie in Koblenz wieder ungefähr so aus wie damals)

Zwischen den Personenbahnsteigen befanden sich niedrigere Gepäckbahnsteige:

117 014-1 am 29.3.1975

Gerade mal fünf Neubau-Triebwagen standen damals für den Stuttgarter Nahverkehr zur Verfügung:

427 101-1 am 6.4.1975

117 115 fuhr am 17.4.75 auf Gleis 13 ein:

117 115-6 am 17.4.1975 mit einem Postwagen an der Spitze

Köf im Personenverkehr! Sie brachte einen fahrplanmäßigen Personalzug aus dem Bw:

Die Säcke-Köf 323 729-4 am 17.4.1975

Die ehemalige Schnellfahrt-Versuchslok 110 299 war ebenfalls vertreten:

110 299-5 am 17.4.1975

Und die alte Rheingold-Lok 112 267 war anzutreffen vor dem Stellwerk 2:

112 267-0 am 17.4.1975

Das IC-Zugpaar „Präsident“ lief damals als einziges mit SVt-Triebwagen über Stuttgart:

601 011-0 am 28.5.1975

Sehr selten sah ich sogar zwei 117er vor einem Zug:

117 120-6 mit 117 108-1, daneben 110 387-8 am 4.6.1975

Seit dem Fahrplanwechsel dominierten die 221 im Verkehr nach Zürich und Nürnberg:

Die noch heute existente 221 105-0 am 4.6.1975

Vermutlich eine Vorführfahrt brachte den „Donald Duck“ nach Stuttgart Hbf:

403 003-7 (vierteilig) am 4.6.1975

Die letzte grüne 118 der DB! Sie wurde erst zum 19.11.75 in Freimann blau:

118 034-8 am 4.6.1975

Die AEG-163er konnte man nur in Stuttgart Hbf antreffen, aber sie kamen selten bis zu den Bahnsteigen. Hier eine von ihnen, noch ist der Blick auf das Gebäude der Bundesbahn-Direktion frei:

163 003-7 am 4.6.1975

Dieselbe Lok konnte noch einmal aus dem Zug der Heimfahrt geknipst werden:

163 003-7 im Vorfeld vom Hbf am 4.6.1975

Die spätere Museumslok (= 2020 in Koblenz-Lützel) konnte zufällig angetroffen werden, als noch Niemand an eine langfristige Erhaltung solcher Fahrzeuge dachte:

118 003-3 am 9.6.1975

Regensburger 218 erreichten Stuttgart über Nürnberg. Das Farbmuster 218 217 war dabei natürlich besonders gern gesehen. Noch prägten die Stellwerke 1 (links) und 2 (rechts) das Umfeld des Hauptbahnhofes:

Das Einzelstück 218 217-8 in TEE-Farben am 9.6.1975

Die letzte 220, die ich in Stuttgart im Plandienst sah, war diese:

220 063-2 am 9.6.1975

Bei Gleisbauarbeiten durfte eine von vielen herumwuselnden Köf aushelfen:

322 648-7, ebenfalls eine „Säcke“-Köf wegen der sackähnlichen Vorhänge anstelle von Türen. Auch dies eine Lok, die bis heute durchgehalten hat und vielleicht noch als Werklok vorhanden ist (siehe revisionsdaten.de)

Nachmittags brachte eine 193 die Wagengarnitur für einen Nahverkerszug nach Geislingen:

193 017-1 am 25.6.1975

Auch eine damals neue 333 war mit einem Bauzug im Hbf:

333 148-5 am 7.7.1975

Inzwischen gab es mehrere 111, die auch nach Stuttgart kamen. Diese hier ist neuwertig mit einer vorläufigen Abnahme im regulären Verkehr, sie wurde erst am 10.10.75 endgültig abgenommen (und war Zeit ihres Lebens nur in München beheimatet):

Die flammneue 111 004-8 am 7.7.1975

„702“ hieß in der zweiten Besetzung die Steilstrecken-Version des TVt 701 (ausgerüstet mit Magnetschienenbremse):

702 133-0 mit Prüf-Stromabnehmer am 9.7.1975

Einen Farbnegativfilm leierte ich im Herbst 75 durch Omas „Instamatic“-Kamera. Davon stammen die folgenden Aufnahmen:

Die gerade mal zwei Jahre alte 218 311-9 kam am 16.9.1975 mit einem D-Zug aus Nürnberg

Neben den Triebwagen bestimmten vor allem 141 und 144 das Bild des Stuttgarter Nahverkehrs. Da ich beide Baureihen auch zuhause vor die Linse bekam, fotografierte ich sie nur sehr selten in Stuttgart. Der Farb-Exot war mir dann aber doch ein Bild wert:

144 021-3 am 16.9.1975 in beige/türkis

Die 465 bestritten zu dieser Zeit im 20-Minuten-Takt den Nahverkehr nach Esslingen und Ludwigsburg:

465 012-3 am 16.9.1975

Das neue Stellwerk im Hintergrund war im Bau:

163 003-7 am 16.9.1975

Die frisch lackierte 118 014 hatte vermutlich den E3452 aus Aalen gebracht:

118 014-0 am 29.9.1975

Seit dem Winterfahrplan erreichten erstmals Saarbrücker 181.2 Stuttgart. Diese hier hatte vermutlich den D751 (Strasbourg- Hof) gebracht und fuhr ins Vorfeld:

Die ziemlich neue 181 210-6 (Abnahme in 11/1974) am 29.9.1975

Zurück nach Strasbourg übernahm sie dann den D264 „Mozart“. Im Hintergrund rangierte die 163 004-5 mit einer Leig-Einheit:

181 210-6 am 29.9.1975

Noch war „beige/türkis“, wie diese Farbkombination fälschlich genannte wurde, neu und selten. Deshalb fotografierte ich auch mal eine 110, ich konnte ja nicht ahnen, daß genau sie noch fast fünfzig Jahre später betriebsfähig sein würde für die Centralbahn CBB in Mönchengladbach:

110 383-7 im typischen Novemberwetter am 29.11.1975

Auch die 118 028 hat das neue Farbkonzept abbekommen:

118 028-0 am 29.11.1975

Inzwischen lief die Serienproduktion der 111 an. Die Henschel-Maschinen (111 041 bis 070) unterschieden sich dabei von den gleichzeitig ausgelieferten Krauss-Maffei-Loks durch die Scherenstromabnehmer:

111 045-1 am 7.12.1975, dem Jubiläumstag der deutschen Eisenbahn

Soweit zunächst mein Ausflug ins Stuttgart des Jahres 1975,

Grüße von Stefan Motz