Stuttgart Hbf im Jahre 1975
Nachdem ich 1973 angefangen hatte, Loknummern zu notieren, fand ich im Spätsommer 1974 eine alte Kamera im Fundus meiner Eltern: Ein Vorkriegsmodell für 6×9 cm(!)-Rollfilme. Die ersten Foto-Versuche mit diesem Gerät verliefen aus meiner damaligen Sicht so erfolgreich, daß ich sie ständig bei mir trug, wenn ich in die Nähe von Eisenbahnen kam. Allerdings hatte die Kamera auch Nachteile: Die größte Blendenöffnung war nur f = 1:6,3, die kürzeste Belichtungszeit 1/125 s, und selbst diese war wegen des lichtschwachen Objektivs kaum anwendbar. Folglich ließen sich am besten stehende oder langsam rollende Lokomotiven fotografieren. Von meinem damaligen Wohnort Korntal aus bot sich daher Stuttgart Hbf geradezu an. Dort gab es eine Fahrzeugvielfalt von ganz alt (BR 117) bis funkelnagelneu (BR 111). Gelegentlich bestückte ich zudem auch den Fotoapparat meiner Eltern (eine Revueflex, made in UdSSR) mit einem Diafilm.
Oft trabte ich also nach Schule und Mittagessen zum Korntaler Bahnhof, kaufte mir am Schalter eine Rückfahrkarte nach Suttgart für DM 1,80 (mit 50% Fahrpreisermäßigung für kinderreiche Familien – ich habe zwei Geschwister) und verbrachte den Nachmittag auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Gelegentlich, wenn schulfrei war, fuhr ich auch mal an einem Samstagvormittag nach Stuttgart.
Der Nahverkehr wurde zu einem großen Teil von in den 1960er Jahren modernisierten Vorkriegstriebwagen bestritten:
Die Würzburger 118 kamen bis Mai 1975 nur über den Umweg Donauwörth- Aalen nach Stuttgart:
Auch 1975 wurde in Stuttgart schon eifrig gebuddelt. Damals wurde der Tunnel für die S-Bahn gebaut (eröffnet am 1.10.1978). Sehenswert ist auch die hölzerne Feuerleiter neben dem Triebwagen:
Die Augsburger 117 gehörten noch zum alltäglichen Bild:
Im grün/blau/roten Alltag waren die Dortmunder 112 gern gesehene Farbtupfer:
Noch gab es keinen IC-Stundentakt, sodaß sich 103er nicht ganz so häufig in Stuttgart blicken ließen:
Bis Mai 75 bestritten Villinger 220 den Verkehr in die Schweiz. Eine Stuttgarter Spezialität war, daß die Zuglok in Stuttgart endender Züge die Wagengarnitur ins Bww schob:
Die erste und damals einzige 111 brachte oft den Mostar-Express nach Stuttgart:
Zwischen den Personenbahnsteigen befanden sich niedrigere Gepäckbahnsteige:
Gerade mal fünf Neubau-Triebwagen standen damals für den Stuttgarter Nahverkehr zur Verfügung:
117 115 fuhr am 17.4.75 auf Gleis 13 ein:
Köf im Personenverkehr! Sie brachte einen fahrplanmäßigen Personalzug aus dem Bw:
Die ehemalige Schnellfahrt-Versuchslok 110 299 war ebenfalls vertreten:
Und die alte Rheingold-Lok 112 267 war anzutreffen vor dem Stellwerk 2:
Das IC-Zugpaar “Präsident” lief damals als einziges mit SVt-Triebwagen über Stuttgart:
Sehr selten sah ich sogar zwei 117er vor einem Zug:
Seit dem Fahrplanwechsel dominierten die 221 im Verkehr nach Zürich und Nürnberg:
Vermutlich eine Vorführfahrt brachte den “Donald Duck” nach Stuttgart Hbf:
Die letzte grüne 118 der DB! Sie wurde erst zum 19.11.75 in Freimann blau:
Die AEG-163er konnte man nur in Stuttgart Hbf antreffen, aber sie kamen selten bis zu den Bahnsteigen. Hier eine von ihnen, noch ist der Blick auf das Gebäude der Bundesbahn-Direktion frei:
Dieselbe Lok konnte noch einmal aus dem Zug der Heimfahrt geknipst werden:
Die spätere Museumslok (= 2020 in Koblenz-Lützel) konnte zufällig angetroffen werden, als noch Niemand an eine langfristige Erhaltung solcher Fahrzeuge dachte:
Regensburger 218 erreichten Stuttgart über Nürnberg. Das Farbmuster 218 217 war dabei natürlich besonders gern gesehen. Noch prägten die Stellwerke 1 (links) und 2 (rechts) das Umfeld des Hauptbahnhofes:
Die letzte 220, die ich in Stuttgart im Plandienst sah, war diese:
Bei Gleisbauarbeiten durfte eine von vielen herumwuselnden Köf aushelfen:
Nachmittags brachte eine 193 die Wagengarnitur für einen Nahverkerszug nach Geislingen:
Auch eine damals neue 333 war mit einem Bauzug im Hbf:
Inzwischen gab es mehrere 111, die auch nach Stuttgart kamen. Diese hier ist neuwertig mit einer vorläufigen Abnahme im regulären Verkehr, sie wurde erst am 10.10.75 endgültig abgenommen (und war Zeit ihres Lebens nur in München beheimatet):
“702” hieß in der zweiten Besetzung die Steilstrecken-Version des TVt 701 (ausgerüstet mit Magnetschienenbremse):
Einen Farbnegativfilm leierte ich im Herbst 75 durch Omas “Instamatic”-Kamera. Davon stammen die folgenden Aufnahmen:
Neben den Triebwagen bestimmten vor allem 141 und 144 das Bild des Stuttgarter Nahverkehrs. Da ich beide Baureihen auch zuhause vor die Linse bekam, fotografierte ich sie nur sehr selten in Stuttgart. Der Farb-Exot war mir dann aber doch ein Bild wert:
Die 465 bestritten zu dieser Zeit im 20-Minuten-Takt den Nahverkehr nach Esslingen und Ludwigsburg:
Das neue Stellwerk im Hintergrund war im Bau:
Die frisch lackierte 118 014 hatte vermutlich den E3452 aus Aalen gebracht:
Seit dem Winterfahrplan erreichten erstmals Saarbrücker 181.2 Stuttgart. Diese hier hatte vermutlich den D751 (Strasbourg- Hof) gebracht und fuhr ins Vorfeld:
Zurück nach Strasbourg übernahm sie dann den D264 “Mozart”. Im Hintergrund rangierte die 163 004-5 mit einer Leig-Einheit:
Noch war “beige/türkis”, wie diese Farbkombination fälschlich genannte wurde, neu und selten. Deshalb fotografierte ich auch mal eine 110, ich konnte ja nicht ahnen, daß genau sie noch fast fünfzig Jahre später betriebsfähig sein würde für die Centralbahn CBB in Mönchengladbach:
Auch die 118 028 hat das neue Farbkonzept abbekommen:
Inzwischen lief die Serienproduktion der 111 an. Die Henschel-Maschinen (111 041 bis 070) unterschieden sich dabei von den gleichzeitig ausgelieferten Krauss-Maffei-Loks durch die Scherenstromabnehmer: